Home
Tico
Sally
Budhas little Witch
Nachdenkliches
Geschichtenecke
=> Ina
=> Xena
=> Annas Traum
=> Schicksal 1&2
=> Die Wahrheit bei Sonnenuntergang
Bilder-Spielereien
Hobby`s und Interessen
Gästebuch
Mal-Gästebuch
Kontakt
Links
Disclaimer
Geschenke
Freunde
Unvergessen

 

 

Anna steckte den Schlüssel ins Türschloss und machte die Türe auf. „Hallo? Mama, bist du da?“ Als keine Antwort kam, seufzte sie und zog die Türe hinter sich zu. Sie stellte die Schultasche in die Küche und setzte sich auf den Stuhl. Ihr Blick glitt über die Küchenzeile, die schon bessere Tage gesehen hatte und wieder kam ein leises Seufzen über den Mund der 14 Jährigen .Ihr Blick blieb an einem Zettel hängen, der an der Kühlschranktüre klebte. Sie stand auf, um die Nachricht zu lesen.

„Liebe Anna, musste noch mal weg und bei Frau Hauer die Fenster putzen. Ich weiss, du hättest es lieber, wenn ich hier wäre, aber es geht leider nicht anders. Das Essen steht im Ofen. Ich bin bald wieder da, hab dich lieb. Mama“

Anna knüllte den Zettel zusammen und warf ihn in den Abfalleimer. Dann öffnete sie den Ofen, um sich ihr Essen zu nehmen. „schon wieder Suppe“ mumelte sie, und schob den Topf wieder zurück. Sie nahm ihre Schultasche, setzte sich an den wackeligen Küchentisch und begann mit den Hausaufgaben. 2 Stunden sass sie konzentriert darüber und als sie fertig war, wurde es schon dunkel. Anna ging ans Fenster, blickte hinaus „Mama, wo bleibst du nur so lange“ wunderte sie sich. Sie drehte sich um, packte ihre Sachen in die Tasche und wischte den Tisch ab. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, das es schon bald 18 Uhr war, und langsam machte sie sich Sorgen. Um sich abzulenken lief sie in der Wohnung umher, und räumte auf. Was schwer war, denn ihre Mutter war sehr ordentlich und ging nie aus dem Haus, wenn nicht alles blitzte. „Ob ich bei Frau Hauer mal anrufen sollte?“ grübelte sie. Unschlüssig hielt sie den Hörer in der Hand, da hörte sie, wie sich die Türe öffnete. „Mama, bist du das?“ rief sie und ging Richtung Türe. „Ja, wer sollte es denn sonst sein?“ kam als Gegenfrage zurück.

„Stimmt“ lachte Anna und trat ihrer Mutter gegenüber. „hallo Mama“ sagte sie, und gab ihr einen Kuss auf die Backe. „Hallo mein Kind, kannst du mir mal die Tüte abnehmen?“

Anna nahm ihrer Mutter die Tasche aus der Hand und trug sie zur Küchenzeile. „Hast du eingekauft? Warum hast du nicht gewartet, ich wäre doch mitgegangen und hätte dir tragen geholfen“ Mittlerweile hatte die Mutter sich die Schuhe und Jacke ausgezogen und kam auch in die Küche „ ich hatte viel Arbeit bei Frau Hauer, aber sie hatte einen guten Tag und hat mir das Geld gleich gegeben. So konnte ich noch schnell die Sachen besorgen“.

Anna freute sich, als sie die Tasche ausleerte. Da waren Joghurts dabei, Wurst und frisches Brot. Als ihre Mutter vor ihr stand, blickte sie auf und war überrascht: sie hielt ein Päckchen in den Händen. „Was hast du da?“ wollte die 14 Jährige neugierig wissen. „Das, das ist für dich. Ich weiss, du hast es nicht einfach. Du wirst in der Schule schief angesehen, weil ich dir nicht die Kleidung kaufen kann, die all die anderen haben. Auch weil du nur selten was mit deinen Freundinnen unternehmen kannst, aber glaub mir, ich tue, was ich kann. Nur manchmal, da reicht es eben nicht und du musst auf vieles verzichten. Und darum habe ich heute ein kleines Geschenk für dich. Es ist dafür, weil du dich nie beklagst und mir keine Vorwürfe machst“

Anna schluckte. Sie wusste, die Mutter meinte damit, das sie Schuld sei, denn sie hatte sich ja von ihrem Vater getrennt, allerdings war sie da noch sehr klein gewesen. Sie wusste, ihr Vater war wohlhabend und Mutter hatte oft ein schlechtes Gewissen, denn wäre sie bei ihm geblieben, dann könnten sie ein anderes Leben führen. Doch Anna war der Mutter nicht böse, sie wusste, er hatte sie geschlagen und betrogen und sie hatte diese Entscheidung zu recht getroffen. Sie legte der Mutter die Arme um den Hals:“ Mama, du sollst dich nicht immer schuldig fühlen, und mitbringen sollst du mir auch nichts. Aber ich danke dir dafür“

Neugierig öffnete sie das Geschenk. Es war ein dickes Buch, mit rotem Einband und leeren Seiten. Als sie das Buch öffnete, rutschte ein wunderschöner Stift aus den Seiten, er war mit Wasser gefüllt, in dem kleine Sterne schwammen. „Das ist ja wunderschön, danke Mama“ rief sie und gab der Mutter einen Kuss! Diese war froh, ihr so eine Freude gemacht zu haben.

„Jetzt essen wir zu Abend, und dann kannst du all deine Geschichten in dieses Buch schreiben. Dafür ist es gedacht“

Anna legte die Sachen nur wiederwillig aus der Hand, eigentlich wollte sie sich gleich hinsetzen und all die Geschichten, die sie in kleinen Heftchen schon aufgeschrieben hatte, in das Buch übertragen. Aber sie wusste auch, wie sich die Mutter freute, wenn sie abends zusammen am Tisch saßen.

Während des essens wurde über die Schule geredet, über Frau Hauer, die ihre Mutter sehr beanspruchte und über die kleinen Dinge, die sich ereignet hatten. Gemeinsam räumten sie den Tisch ab, spülten das Geschirr. Erst als alles sauber war, setzte sich die Mutter mit einem Buch in die Ecke und Anna begab sich in das Zimmer, wo ihr Bett stand. Sie hatte kein eigenes Zimmer, aber das störte sie nicht. Naja, manchmal träumte sie schon davon, ein eigenes Zimmer zu haben, mit Schreibtisch und einem Fernseher. Nur für sie alleine, aber sie wusste, das ging nicht. Darum lud sie auch keine Freundinnen ein, denn diese hätten es nicht verstanden, wie man in einer 2 Zimmer Wohnung leben kann. Aber Anna wusste es zu schätzen, denn das wenige Geld, das Mutter verdiente und auch die Ersparnisse, gingen für ihre Schulausbildung drauf. Sie war froh, eine Privatschule besuchen zu können, und das ihre Mutter ohne zu zögern sie damals dort angemeldet hatte. Auch wenn sie jetzt an allen Ecken sparen mussten. Sicher, sie konnte nicht mit Kleidung, Wohnung und Unternehmungen mithalten, aber bei den Noten steckte sie alle in die Tasche. Anna musste lachen, als sie daran dachte, das sie die Beste in ihrer Klasse war. Darauf war sie stolz, schliesslich wollte sie ihrer Mutter ja später ein schönes Leben ermöglichen, nachdem diese nun so hart für sie arbeitete.

Sie nahm ihr Buch und den neuen Stift und warf sich aufs Bett, hielt den Stift gegen das Licht und beobachtete die Sterne, die sich bewegten. Sie versank in ihren Gedanken und zog sich in ihre Traumwelt zurück. In dieser Welt gab es keine Geldprobleme, keine zu kleine Wohnung und keine zickigen Mitschüler. Es gab Partys, Discobesuche und hübsche Männer, die sie bewunderten und sie ausführten. Und in diesen Träumen war auch Sven an ihr interessiert. Sven war ihre heimliche Liebe, schon seit über einem Jahr. Er war groß, hatte blondes Harr und die blausten Augen, die sie je gesehen hatte. Gerade malte sie sich aus, das Sven sie einladen würde, da fiel mit einem lautem Knall das Buch auf den Boden. Anna schrak auf. Noch etwas benommen von ihren Träumen bemerkte sie, das es schon finster war. Se hatte Stunden auf dem Bett gelegen. Fassungslos schüttelte sie den Kopf und ging ins Bad, um sich fürs Bett fertig zu machen. Als sie ins Wohnzimmer blickte, sah sie, dass ihre Mutter im Sessel eingeschlafen war. Leise legte sie eine Decke über ihre Füsse und ging ins Bett.

Als der Wecker klingelte, war es noch finster. Anna hörte, wie ihre Mutter leise aufstand, um sie nicht zu wecken. Ein Blick zur Uhr, es war erst halb 4 Uhr in der Nacht. Sie wusste, Mutter ging zu Frau Hauer, um ihr den Haushalt zu machen. Leise seufzte sie „wenn ich nur etwas tun könnte, dass Mutter nicht immer so viel arbeiten müsste“. Aber es half ja nichts, irgendwie mussten sie ja Miete und die laufenden Kosten bezahlen. Und ihre Schule war auch sehr teuer, das wusste Anna. Als sie hörte, das Mutter die Türe hinter sich ins Schloss zog, stand sie auf, sie konnte nun eh nicht mehr schlafen.

Nachdenklich sah sie das neue Buch an, und ihr kam eine Idee. Rasch huschte sie ins Bad, wusch sich und zog sich an. Dann machte sie sich einen heissen  Tee, nahm die Tasse mit ans Bett und machte es sich gemütlich. Dann nahm sie den Stift vom Nachttisch, das Buch in die Hand und fing an zu schreiben. Die ersten Sätze gingen noch zaghaft, doch dann lief es wie von selbst.

Anna bekam rote Backen vor Eifer, sie war ganz vertieft in ihre Arbeit. Zwischendurch kam ein rascher Blick  zur Uhr, sie durfte ja die Schule nicht verpassen.

Als es kurz nach 7 war, klappte sie mit Bedauern das Buch zu, steckte es in die Tasche und machte sich auf den Weg zur Schule. Da das dauernde Busfahren zu teuer war, fand Anna, ging sie jeden morgen eine gute halbe Stunde zu Fuss in die Schule, es machte ihr nichts aus, so konnte sie Ideen für ihre Geschichten sammeln. Ihre Mutter wusste dies nicht, und das Geld, das sie ihr immer Montags für eine Wochenkarte gab, sparte Anna gewissenhaft. Manchmal hatte sie ein schlechtes Gewissen deswegen, denn ab und zu fehlte das nötige Kleingeld, um Sachen zu kaufen, die sie dringend brauchten. Aber sie wollte ihrer Mutter überraschen, darum verdrängte sie die Gewissensbisse standhaft. Kurz vor der Schule blieb sie stehen und holte tief Luft. Auf ihre zickigen Mitschülerinnen hatte sie keine Lust, ständig fanden sie was anderes, mit was sie Anna ärgerten. „ Auf in den Kampf“ machte sie sich selber Mut. Vielleicht sah sie ja heute Sven, und vielleicht bemerkte er sie auch. Mit dieser Hoffnung machte sie sich auf die letzten Meter, warf entschlossen ihr halblanges Haar in den Nacken und öffnete die Klassentüre. Wie jeden Tag sahen sie die Mitschüler spöttisch an, sie konnten nicht verstehen, das sich jemand nichts aus Markenkleidung und Schminke machte. Dazu kam wahrscheinlich noch der Neid, das sie eine gute Schülerin war. Anna ging schweigend, wie immer, zu ihrem Platz und bereitete sich auf die erste Stunde vor. Das Tuscheln der neben an Sitzenden ignorierte sie, auch das hämische, leise Gelächter.

Der Lehrer trat ein, und der Schultag begann. Auch in den Pausen war Anna eine Aussenseiterin, sie schlenderte alleine über den Pausenhof, immer bedacht, den Ziegen, wie sie ihre Mitschülerinnen nannte, aus dem Weg zu gehen, und ihnen keinen Anlass dazu zu geben, sie zu ärgern.

Heute war sie so in Gedanken, das sie ganz erschrak, als sie mit jemandem zusammen stieß. „Entschuldigung ,tut mir leid“ murmelte sie leise und schaute nach oben. Da stand Sven, sie hätte ihn fast umgerannt! Anna wurde über und über rot, und konnte nichts mehr sagen. Sven hatte ein kleines Grinsen auf den Lippen, „macht nichts“ sagte er zu ihr. Anna konnte den Blick nicht von seinen Augen wenden, wie diese strahlten und funkelten. Sie konnte nichts mehr sagen oder denken, sie stand wie angewurzelt da und blickte in diese Augen.

Auf einmal kamen von hinten ihre Mitschülerinnen, machten sich über sie lustig und nahmen Sven in Beschlag. Sie scharrten sich um ihn, und der Moment war vorbei. Anna senkte den Blick, ging langsam in Richtung Schule zurück. „Wenn ich nur auch so selbstbewusst wäre“ dachte sie sich, und ging schneller. Dadurch entging ihr, das Sven sich nach ihr umdrehte und ihr nachsah.

Als die Schule vorbei war, ging sie langsam nach Hause. Sie brauchte sich nicht zu beeilen, denn ihre Mutter war noch mindestens 3 Stunden beschäftigt. Sie schlenderte an den Geschäften vorbei, blickte in die Fenster und stellte sich vor, wie toll es wäre, einmal nach Herzenslust einkaufen zu können. An einem Schaufenster blieb sie lange stehen und betrachtete die Auslage. Da war das, was sie ihrer Mutter schenken wollte. Sie las das Plakat jeden Tag:

Ein Erholungswochenende für 2 Personen-130 Euro.

Anna dachte nach, sie war sich nicht sicher, wie viel sie schon gespart hatte, doch viel konnte nicht mehr fehlen, da war sie sich sicher. Aber sie musste auch noch mit Frau Hauer reden, damit sie ihrer Mutter an Wochenende frei gab. Das war wohl das schwerste an der ganzen Sache. Sie wusste von ihrer Mutter nur, das Frau Hauer sehr eigen war, und darauf bestand, das Mama immer kam. Und ausserdem musste sie einen Zeitpunkt wählen, wo Mutter nicht im Haus war. Sonst wäre ja die Überraschung verdorben.

Sie riss sich vom Fenster los, und ging nach Hause. Wie erwartet, war ihre Mutter noch nicht da, wie jeden Tag machte sie ihre Hausaufgaben, und dann ging sie in den Raum, wo ihr Bett stand. Sie hob die Matratze hoch, nahm eine kleine Dose hervor und machte sie auf. Da drin war das Geld, das sie gespart hatte. Sie schüttete es aus, und begann zu zählen. Sorgfältig zählte sie das Kleingeld zu Stapeln, je 10 Euro. Als sie es zusammenzählt, strahlte sie: „ Es sind ja schon 145 Euro“ jubelte sie leise. „Nun muss ich nur noch zu Frau Hauer“

Sie hörte, wie die Türe sich öffnete, rasch nahm sie das Geld, steckte es in die Dose und brachte es wieder sicher unter.

Dann lief sie in die Küche, um ihre Mutter zu begrüßen. Sie plauderten etwas,  als Anna auf einmal sagte: „Du Mama, eine Freundin hat mich gefragt, ob ich heute mal kurz kommen könnte, sie hat in der Schule was nicht ganz verstanden“. Die Mutter sah sie fragend an :         “ welche Freundin denn?“ Anne überlegte schnell: „ Na, die...ähm, die Susanne, die wohnt da beim Supermarkt.“ Als sie merkte, das sie rot wurde, stand sie schnell auf, um ihren Teller in das Spülbecken zu stellen. „Musst du heute noch mal zu Frau Hauer?“

Als sie sich umdrehte, sah sie, wie ihre Mutter verneinend den Kopf schüttelte. „Nein, muss ich nicht, aber geh du nur zu Susanne, ich mach es mir etwas gemütlich und lese mein Buch weiter“ Anne umarmte ihre Mutter „ich bleib auch nicht lang, versprochen“

Schnell zog sie Jacke uns Schuhe an. Als sie die Tür hnter sich schloß, war sie erleichtert. Mutter hatte anscheinend die Lüge nicht bemerkt. Sie lief aus dem Haus, und schlug den weg zu Frau Hauer ein. Etwas mulmig war ihr schon, als sie 10 Minuten später vor deren Türe stand. Sie holte tief Luft und drückte auf den Klingelknopf.

 Es dauerte eine ganze Weile, bis sich schliesslich die Türe öffnete. Eine nett aussehende, etwas ältere Frau stand vor ihr. Schüchtern fragte Anna nach Frau Hauer. „Ja, das bin ich, aber wer bist du, und was willst du von mir?“

Anna begann zu stottern „ Also, ich, ich wollte sie fragen...weil ich bin die Tochter...“

Ein Lächeln trat in Frau Hauers Gesicht:“ sei doch nicht so aufgeregt, du bist die Tochter von Frau Meisel, oder?“ Anna nickte nur. „Na, dann komm mal rein, vielleicht magst du ein Glas Saft?“ Wieder nickte Anna. Und als sie der Frau in das Haus folgte, verschlug es ihr komplett die Sprache. Es waren riesen große Räume, sehr hell, durch die großen Fenster konnte man hinten in den  Garten sehen. Da stand eine helle Rundecke, schön mit Kissen dekoriert, der Tisch was aus Glas und es standen wunderschöne Blumen darauf. Mit offenem Mund betrachtete sie die imposanten Bücherregale, die bis oben hin voll mit Büchern waren.

Frau Hauer trat hinter sie „Komm doch, setzt dich. Deinen Saft stelle ich auf den Tisch“ Anna folgte schweigsam, und setzte sich ans äusserste Eck der Couch, um ja nichts zu verschmutzen. Dann begann sie zu sprechen, sie erzählte von ihrer Mutter, von ihrer Idee, ihr ein Wochenende schenken zu wollen. Sie war so eifrig bei der Sache, das ihr entging wie Frau Hauers Gesicht ganz weich wurde. Geschickt stellte diese Fragen, und bekam so herraus, das es ihrer Putzfrau und Anna gar nicht so gut ging, wenigstens finanziell. Sie war gerührt, über Annas Eifer, ihrer Mutter eine Freude machen zu können. Zugleich fühlte sich Frau Hauer etwas unwohl, denn sie hatte nicht mal geahnt, das es den Beiden so schlecht ging. „Anna, du bist ein liebes Mädchen, was hat deine Mutter nur für ein Glück dich zu haben“

„Aber Frau Hauer“, entgegnete Anna „ Mama tut sehr viel für mich, sie spart an allen, das sie die schule bezahlen kann, das wir zu essen und Anziehsachen kaufen können“ Sie sagte das mit soviel Überzeugung, das Frau Hauer ganz warm wurde ums Herz. „ Anna, um auf deine Frage zu antworten, sicher kannst du ins Reisebüro gehen und das Wochenende bezahlen. Deine Mutter wird sich sehr freuen. Aber eine Bitte hätte ich noch.....“ Anna sah die Frau fragend an. „ Es ist nichts schlimmes, aber würdest du ab und zu mal bei mir vorbei kommen? Ich bin den ganzen Tag alleine, ausser wenn deine Mutter hier ist. Wir könnten uns in den Garten setzten, etwas plaudern oder du kannst dir auch Bücher ausleihen. Ich wäre über Gesellschaft sehr froh“ Anna bleib vor staunen der Mund offen stehen. Frau Hauer lachte herzhaft, und Anna sah bewundernd, wie schön die Frau denn trotz ihres Alters noch war! Sie schätzte sie so über 80, Anna nahm sich vor, bei der nächsten Gelegenheit mal ihre Mutter danach zu fragen.

Anna zuckte zusammen, als die Standuhr schlug. Es war schon 18 Uhr! Hastig stand sie auf „Frau Hauer, ich muss jetzt gehen, meine Mutter, sie wartet und ausserdem weiss sie gar nicht, das ich bei ihnen bin“ Annas Stimme klang unsicher. „ Mach dir keine Sorgen, ich werde ihr nichts verraten. Aber denkst du daran, wenn du mal zeit hast? Ich würde mich wirklich freuen“ Frau Hauer  klang etwas traurig und hoffnungsvoll zugleich. Anna sagte zu, das sie nächste Woche vorbeikommen würde. Dann schloss sie die Türe hinter sich und lief nach Hause. Sie war ganz ausser Atem, das mit dem Reisebüro hatte sie nicht mehr geschafft, aber das würde sie morgen nachholen, gleich nach der Schule nahm sie sich vor.

Langsam ging sie die Treppen nach oben, dabei überlegte sie, was sie ihrer Mutter sagen sollte, wieso sie so spät kam. Anna öffnete die Türe „Mama, ich bin wieder da!“ Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. Es kam keine Antwort. Ob sie schlief? „Das wäre ja super“, dachte Anna. Sie ging leise ins Wohnzimmer, ihre Mutter saß schlafend im Sessel, das Buch auf ihren Knien. Anna schlich ins Zimmer, zog leise Jacke und Schuhe aus. Dann setzte sie sich auf ihr Bett und dachte nach. Frau Hauers Haus war riesen groß, sie musste sich doch einsam fühlen, so ganz alleine. Und sie hatte nur ihre Mutter um sich, wenn diese putzte. Warum nur, war diese Frau so einsam? Anna konnte es sich nicht erklären. Da war sie doch froh, wenig Geld zu haben, eine kleine Wohnung, aber eine Person, die sie liebte.

Sie holte ihr Buch hervor und begann zu schreiben. Sie war so vertieft, das sie nicht bemerkte, das sich die Türe öffnete, und ihre Mutter ins Zimmer trat. „Anna, du bist ja schon da. Warum hast du mich nicht geweckt?“ „ Mama, hast du mich erschreckt!“ Anna musste sich erst mal beruhigen, der Schreck war ihr durch die Glieder gefahren. „ Du hast geschlafen, warum sollte ich dich wecken. Sei doch froh, das du mal Ruhe hattest.“ Sie stand vom Bett auf „ Ich mache erst mal Abendbrot“

Als sie gemeinsam am Tisch saßen, begann Anna ihre Mutter über Frau Hauer auszuhorchen. So brachte sie in Erfahrung, das Frau Hauer 83 Jahre alt war, und ihr Mann schon vor 12 Jahren verstorben war. Sie hatte keine Kinder und keine Angehörigen, ausserdem hatte sie viel Geld von ihrem Mann geerbt. Ihre Hobbies waren lesen und ihr Garten. Sie verliess das haus so gut wie nie, war immer zu Hause.

Annas Mutter wunderte sich zwar über ihr Interesse, aber sie fragte nicht weiter.

Gemeinsam deckten sie den Tisch ab, und Anna ging ins Zimmer, um sich umzuziehen und noch etwas zu schreiben. Das Schreiben ging wie von selbst, bis sie den Stift zu Seite legte, hatte sie schon das halbe Buch gefüllt. Anna war erschöpft, der Tag war anstrengend gewesen. Sie drehte sich um und schlief sofort ein.

Am nächsten Morgen erwachte sie schon um halb 5. Erstaunt blickte sie nochmals zur Uhr, um sich zu vergewissern. „So früh noch?“ wunderte sie sich. Schnell lief sie ins Bad, wusch sich und zog sich an, dann nahm sie, wie am Tag davor ihren Tee mit ins Bett, und begann wieder zu schreiben. Um 7 Uhr legte sie den Stift aus der Hand. „Fertig“ murmelte sie. Von sich selbst überrascht sah sie das Buch noch einmal durch. Jede Seite war voll mit ihrer Handschrift.

„ Au weia, nun muss ich mich aber beeilen“ rief sie, nach einem Blick zur Uhr. Sie schnappte sich die Tasche, steckte die Dose hinein, zog die Jacke im Treppenhaus an, und lief im Eiltempo zur Schule.

Heute war sie nicht ganz bei der Sache ,der Unterricht interessierte sie heute wenig. Immer wieder ging sie in Gedanken das Buch durch und dann freute sie sich noch, auf den Heimweg. Da würde sie im Reisebüro das Wochenende buchen. Sie war schon gespannt auf Mutters Gesicht.

Anna konnte es kaum erwarten, und war die erste, die nach Schulschluss das Klassenzimmer verließ. Ihr entgingen die neugierigen Blicke der Mitschülerinnen, da sie sonst immer eine der Letzten war .Auch als sie auf dem Flur mit Sven zusammen stieß. Kam nur ein flüchtiges „tschuldigung“ über ihre Lippen, und weg war sie.

Atemlos kam sie am Reisebüro an. Als sie hineinging war sie noch ganz ausser Atem. Bei einer freundlichen Verkäuferin  trug sie ihr Anliegen vor. Die nahm sich viel Zeit, erklärte ihr alles, sie suchten ein Wochenende aus und machten alles fertig. Anna ließ sich einen Gutschein geben, den die nette Verkäuferin noch einpackte und eine Schleife darum machte. Anna bedankte sich herzlich und war erleichtert, das es nun endlich geschafft war.

Hüpfend vor Freude machte sie sich auf den Heimweg.

Als sie die Türe aufmachte, war sie ganz erstaunt. Da standen Mamas Schuhe und ihre Jacke war auch an der Garderobe....  Schnell öffnete sie die Küchentüre „Mama, was machst du schon hier?“ Ihre Mutter saß am Küchentisch, hatte den Kopf aufgestützt und sah nicht gerade glücklich aus. „Frau Hauer musste ins Krankenhaus, sie hat irgendwas mit dem Herzen.“

Anna sank auf den Stuhl, und musste sich erst mal fassen. Ihre Mutter durfte doch nicht merken, das sie diese Frau kannte. „Oh, wie konnte das nur passieren?“  Annas Mutter zuckte mit den schultern „ Ich weiß auch nicht, irgendwie war sie heute eh seltsam. Sie hat mir Kaffee angeboten, und dann haben wir uns unterhalten. Sie war sehr nett heute.“

Anna überlegte. Heute war kein guter Tag, um ihrer Mutter den Umschlag zu geben. Sie würde das ganze auf morgen verschieben. Erstmal wollte sie ins Krankenhaus, Frau Hauer besuchen. „und was wird jetzt mit der Arbeit?“ wollte Anna wissen. „ Ich soll trotzdem kommen, und alles machen.“ Antwortete ihre Mutter „Sie will nicht, das man denkt, das Haus wäre unbewohnt“

Anna nickte, da war was wahres dran. „ich soll auch länger bleiben, hat sie gesagt“ meinte Annas Mutter, mit diesem Satz stand sie auf, um Mittagessen zu machen. „ ich weiss nicht, was werden soll. Wenn Frau Hauer nun nicht mehr alleine wohnen kann, sie ist ja auch schon etwas älter. Was wird dann aus meiner Arbeit?“ Anna spürte die Angst ihrer Mutter, sie ging zu ihr und legte ihr die Arme um den Hals. Mehr konnte sie nicht tun. Nach dem essen ging sie ins Zimmer, legte sich aufs Bett und grübelte. Sie merkte, das die ganze Geschichte ihre Mutter sehr belastete. Was ja auch logisch war, schliesslich hing alles von dieser Arbeit ab.

Anna schluckte, sie mochte sich gar nicht vorstellen, was das bedeuten würde.

„Am liebsten würde ich ja gleich dahin...“ „Lass es nur nichts schlimmes sein“....“Die arme Frau Hauer...“ das alles sagte Anna leise vor sich hin. Aber alles grübeln half nichts, sie musste sich bis morgen gedulden. Anna nahm die Schultasche und machte sich über die Hausaufgaben. Das lenkte sie etwas ab, und als sie fertig war, wurde es auch schon finster.

Anna öffnete die Türe zum Wohnzimmer:“ Soll ich Abendbrot machen?“  fragte sie ihre Mutter. Diese schüttelte nur den Kopf. Anna zuckte die Schultern und zog sich wieder in ihr Bett zurück. Kein Wunder, das Mutter keinen Hunger hatte, ihr gingen sicher die gleichen Gedanken im Kopf herum, dachte Anna.

Mit einem Kloß im Hals machte sie sich fertig, um ins Bett zu gehen. Sie wollte ihre Mutter nicht mehr stören, denn sie wusste nicht, wie sie sie trösten könnte.

Am nächsten Morgen erwachte Anna erst um kurz vor 7. „So ein Scheiss“ rief sie, sprang aus dem Bett und zog sich hastig an. Fast hätte sie den Zettel am Kühlschrank übersehen, denn fürs Frühstück blieb keine Zeit mehr.

 „Liebe Anna, ich bleibe heute etwas länger in Frau Hauers Haus, mach dir keine Sorgen“

Anna nahm ihre Schultasche und rannte los. Sie wollte nicht zu spät in die Schule kommen.

In der Schule konnte sie sich nicht konzentrieren, alles lief irgendwie an ihr vorbei. Dauernd dachte sie an den Besuch im Krankenhaus. Sie war froh, als der Schultag vorbei war und die Glocke das Ende des Schultages verkündete. Schnell packte sie ihre Tasche und machte sich auf den Weg. Das Krankenhaus war zum Glück nicht weit entfernt, und so dauerte es nicht lange, bis sie an der Anmeldung stand. Etwas ausser Atem erkundigte sie sich, wie Frau Hauers Zimmernummer lautete. Sie ließ sich noch den Weg erklären, denn im Krankenhaus kannte sie sich nicht aus. Dank der guten Wegbeschreibung kam sie, ohne sich zu verlaufen, am Krankenzimmer an. Sie klopfte und war erleichtert, als Frau Hauers Stimme erklang.

Als sie ins Zimmer trat, erhellte sich das Gesicht der alten Dame. „Anna, wie schön“

„Frau Hauer, wie geht es Ihnen? Ist es schon wieder besser? Wir haben uns große Sorgen gemacht“, die Sätze sprudelten nur so aus Anna heraus. Frau Hauer lachte „Nun mal langsam, mein Kind. Mir geht es gut, in 4 Tagen darf ich nach Hause.“ Anna war froh, ihr ging es gut. Und auch die anderen Probleme lösten sich in Luft auf. Sie holte sich einen Stuhl und setzte sich neben das Bett. Dann begannen sie zu plaudern, über die Schule, über Annas Leben, über ihre Pläne für die Zukunft. Anna erzählte ihr, das sie Schriftstellerin werden wollte. Frau Hauer war sehr erstaunt und erkundigte sich, ob sie schon was geschrieben hätte. Anna bejahte dies: “ Ich habe viele Sachen geschrieben, erst gestern habe ich meine letzte Geschichte beendet“

Die alte Dame wurde neugierig:“ Darf ich mal was lesen? Hier ist es so langweilig, ich hatte keine Zeit, mir etwas zum lesen einzupacken“

Anna zögerte, noch nie hatte jemand ihre Geschichten gelesen. Sollte sie? „Ach, was ist schon dabei, gib dir einen Ruck“ sagte Frau Hauer und lächelte ihr zu. Anna griff nach ihrer Tasche, und holte das rote Buch heraus. Sie legte es auf das Bett: „Ok, ich lasse es ihnen da, aber nur, wenn sie mir ihre ehrliche Meinung dazu sagen“

 Die Dame sah ihr in die Augen „Natürlich, ich werde dir ehrlich sagen, wie ich es finde“

Anna blickte auf die Uhr und stand auf“ ich muss nach Hause, ich möchte vor meiner Mutter daheim sein“ Frau Hauer nickte: „Machs gut, kommst du morgen wieder?“

„Ja, ich denke schon. Tschüss Frau Hauer und gute Besserung“, mit diesen Worten ging Anna zur Türe hinaus. Auf dem Nachhauseweg grübelte sie noch darüber nach, ob es richtig gewesen war, ihr die Geschichte zu geben. Doch nun war es eh zu spät, passiert war es schon.

Als Anna nach Hause kam, war ihre Mutter noch nicht da. Sie setzte sich an den Tisch und begann mit den Hausaufgaben.  Dann hörte sie den Schlüssel im Schloß, Mutter kam nach Hause. Fragend blickte sie ihre Mutter an: „Und, gibt es schon was neues von Frau Hauer?“ Anna hatte Angst rot zu werden. Ein klein wenig hatte sie ein schlechtes Gewissen, das sie nicht ehrlich zu ihrer Mutter war. Annas Mutter schüttelte nur den Kopf und setzte sich müde auf den Stuhl. Es war ihr deutlich anzusehen, das die ganze Situation sie sehr belastete. Anna stand auf, und umarmte ihre Mutter “Es wird alles gut werden, ich weiß es“ Die Mutter nickte, aber es war nicht wirklich überzeugend. Beide beschlossen ins Bett zu gehen, es war ein anstrengender Tag gewesen.

Als Anna in der Früh aufwachte, war ihre Mutter schon weg. Schnell sprang sie aus dem Bett und ging unter die Dusche. Heute hatte sie erst zur 3. Stunde Schule, also war noch Zeit genug Frau Hauer zu besuchen. Anna war so gespannt, ob sie schon in ihrem Buch gelesen hatte. Als sie die Türe des Krankenzimmers öffnete, bekam sie gerade noch das Ende eines Telefonates mit: “Ja, ich bin mir sicher. Da stehe ich voll dahinter. So machen wir es, auf Wiederhören“

„Guten Morgen Frau Hauer“, Anna schlüpfte ins Zimmer. „Guten Morgen mein Kind, hast du heute keine Schule?“ Frau Hauer sah sie fragend an. Anna erklärte ihr, das sie erst zur 3. Stunde müsste und setzte sich gespannt auf den Stuhl, der neben dem Bett stand. Ungeduldig zappelte sie auf dem Stuhl hin und her. Frau Hauer musste lachen „Ja, ich hab es gelesen“

„Und???“ Anna wartete gespannt. „Ich bin begeistert, ich habe gerade mit dem Verlag telefoniert“ Anna stand der Mund offen „Verlag?“ fragte sie verwirrt. „Ja, mein verstorbener Mann hatte einen Verlag und an dem schicke ich dein Buch. Es ist so gut, es muss veröffentlicht werden“ Frau Hauer bekam vor Eifer ganz rote Backen. „ Ich werde dir helfen, so gut ich kann. Du hast ein großes Talent, das werde ich fördern“ Anna konnte nichts mehr sagen. Ein Blick auf die Uhr und sie stand benommen auf „Ich muss nun gehen, sonst komme ich zu spät“ schnell umarmte sie die Frau und schon war sie weg.

Der Schultag lief an ihr vorbei wie ein Film. Zu Hause angekommen begann sie mechanisch die Hausaufgaben zu erledigen und die Hausarbeit zu machen. Sie schrak zusammen, als ihr Mutter im Zimmer stand, nicht mal den Schlüssel hatte sie gehört. Als sie ihre Mutter ansah, merkte sie, das etwas passiert sein musste. Fragend blickte sie zu ihr auf. Annas Mutter fing zu sprechen an: „ Frau Hauer hat mich heute gefragt, ob wir zu ihr ins Haus ziehen möchten. Sie sei so alleine, sie hätte gerne Gesellschaft. Und ausserdem möchte sie wieder etwas arbeiten. In dem Verlag ihres verstorbenen Mannes“. Anna wurde rot....was wusste Mutter?

„Mama, ich muss dir was erzählen“, begann sie. Dann erzählte sie von ihrer Überraschung, und das sie ja das Einverständnis von Frau Hauer gebraucht hätte und sie so kennen gelernt hatte. Sie erzählte von ihrem Buch, das nun veröffentlicht werden sollte. Und: sie überreichte ihrer Mutter endlich das Geschenk.

Annas Mutter saß nur stumm da und hatte Tränen in den Augen. „Weißt du, was sie noch gesagt hat?“ wurde Anna gefragt. Anna schüttelte den Kopf. „Sie will dich bei deiner Ausbildung unterstützen, damit du später in dem Verlag arbeiten könntest. Du wärst ein großes Talent, sie würde uns jede Hilfe zu Teil werden lassen. Ich müsste nicht mehr soviel arbeiten, sie würde noch jemanden einstellen. Miete bräuchten wir keine bezahlen, sie wolle mit uns einfach ihr Leben teilen.“

Sprachlos vor soviel Neuem sahen sie sich an. Dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg ins Krankenhaus, mit einem großen Blumenstrauß für Frau Hauer.

 

 

Ende

 

 

Heute waren schon 8 Besucher (9 Hits) hier!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden